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Stoßsicherung

Die offen am Armband getragene Uhr ist besonderen Belastungen ausgesetzt, sie führt ein »gefährdetes Leben«, wie ein Schweizer Uhrenforscher formuliert. Deshalb muss die Uhr besonders vor Stößen gesichert werden. »Es ist erwiesen, dass die weitaus meisten Stoß zurückzuführenden Beschädigungen die Uhr nur in ihrem empfindlichsten Mechanismus, der Unruh, treffen. Aufgrund ihrer Masse, der Feinheit ihrer Zapfen, die in Steinen liegen, die springen können, der Zartheit ihrer Regulierung, die selbst ein sanfter Stoss Kif-Ultraflexnicht stören darf, ist die Unruh unendlich empfindlich«, heißt es in einem Bericht aus dem Jahre 1935.

Die steigende Nachfrage nach robusten Armbanduhren, den sogenannten Sportuhren, hat zweifellos die Suche nach einer brauchbaren Stoßsicherung gesteigert. Doch das Problem bestand nicht in erster Linie darin, die »unzerbrechliche Uhr« zu schaffen oder »stärkste Erschütterungen« abzufangen, wie Werbeslogans in den 2oer Jahren verhießen, sondern besonders empfindliche Teile, vor allem die im Verhältnis zum Eigengewicht dünnen Zapfen der Unruhwelle, soweit zu schützen, dass sie hinsichtlich Belastbarkeit anderen Bauteilen der Armbanduhr entsprachen.

Die Stoßsicherung galt bis I930 als eines der ungelösten Probleme der Armbanduhr. Auf verschiedenen Wegen wurde nach Abhilfe gesucht. Baute man besonders stabile Unruhzapfen ein, so hatte das Auswirkungen auf den Gang. »Trompetenförmig« gestaltete Zapfen waren zwar widerstandsfähiger, drohten jedoch bei Stoßwirkungen die Lochsteine zu zerstören.

In anderen Fällen wurde das Werk insgesamt schwingend gelagert, durch flexible Gehäuseteile geschützt oder – wie beim System Wyler – die Unruh mit federnden Schenkeln ausgerüstet. Die Schwierigkeiten bestanden darin, dass nicht nur die von oben oder unten auf die Unruhwelle wirkenden axialen Stöße aufgefangen werden sollten, sondern auch die seitlichen, die radialen und selbst die diagonalen Stöße.

Einfache und schlichte Stoßsicherungen

Verschiedene Verfahren wurden besonders bei billigeren Uhren recht lange praktiziert, obwohl sie nicht voll befriedigen konnten. Relativ einfach war es, die Uhr vor axialen Stößen dadurch zu schützen, dass ein federnd gelagerter Deckstein von der Spitze des Zapfens angehoben wurde. Eine andere Übergangslösung, bei der lange, flexible Zapfen Verwendung fanden, funktionierte bei axial gerichteten Einwirkungen relativ gut.

Ein Anschlag an der Unruhwelle trifft auf einen Stoßfänger und entlastet damit die empfindliche Spitze, die nur noch den leichten Druck der Haltefeder des Decksteins zu überwinden hat. Weniger überzeugend arbeitete dieses System bei seitlichen Stößen. Zwar prallte dabei der stabile Teil der Unruhwelle auf eine seitliche Begrenzung, doch der Zapfen, gehalten im fest eingebauten Lochstein, bog sich durch und federte anschließend wieder in die Normallage zurück.

Anspruchsvollere Systeme der Stoßsicherung entstanden kurz nach 1930 und haben sich, vom Konzept her gesehen, recht lange gehalten. Die senkrechten Stöße werden in ähnlicher Weise abgefangen wie beim eben beschriebenen Verfahren. Zur Abwendung radial wirkender Kräfte weicht jetzt jedoch der Lochstein ebenfalls aus. Dies wird beim System Incabloc ermöglicht durch eine Lagerung der Unruhsteine in einer konischen Führungsfläche, beim System Super Shock Resist durch die Einbettung des Lochsteins in eine Ringfeder.

Unterschiedliche Systeme im Wechsel

Nach 1950, als entsprechende Patente am laufen waren, gab es eine große Zahl verschiedener Systeme, die jedoch nur in Detail voneinander abwichen. Die entscheide Pionierarbeit haben zwei Firmen geleistet Die Fabrik Du Grenir (Erisman-Schinz) baute den Shock Absorber, der nur auf axiale Stöße ansprach, und führte die Entwicklung weiter über die Stoßsicherung Shock Resist zum System Super Shock das 1933 auf den Markt kam und noch 20 Jahre später häufig verwendet wurde.

Noch erfolgreicher auf diesem Gebiet war die Firma Porte- Echappement Universal mit ihrer Stoßsicherung Incabloc, die nach längeren Vorarbeiten ebenfalls 1933 Fertigungsreife erlangte. Dieses System wurde 1938 verbessert und ließ sich in alle Kaliber einbauen.

Relativ spät, erst um 1955, fand die Stoßsicherung bei solchen Schweizer Manufakturen Anklang, die besonders hochwertige Armbanduhren gebaut haben. Es bestand die Befürchtung, diese spezielle Art der Unruhlagerung ließe sich nicht mit der extrem feinregulierten Uhr vereinbaren. Erneut aktuell wurde das Problem der Stoßsicherung in den 50er Jahren bei den automatischen Armbanduhren.

Das funktionsfähige Auffanglager für die Unruhwelle erreicht also seinen Zweck durch die elastische Lagerung der Unruhsteine, die es erlaubt, dem Zapfendruck nachzugeben und andererseits durch Anschläge, welche die Energie axialer und radialer Stöße abfangen. Die möglichst exakte Rückführung in die Ausgangslage wird durch Federkraft bewirkt.

Bedeutsam ist außerdem Entfernung und relative Lage der Steine während des Stoßes konstant zu halten, damit die Ölhaltung nicht beeinträchtigt wird. Moderne Stoßsicherungen müssen vollkommen zentriert sein, rasch und mit großer Genauigkeit in die Ausgangslage zurückkehren und zudem auswechselbar sein.



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