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Hemmung
Die Aufgabe, das Räderwerk zu hemmen und die Kraft auf den Gangregler zu übertragen, übernimmt der Anker. Die Mehrzahl der Anker ist zweiarmig. AnkerhemmungBei diesem Vorgang fällt der Zahn des letzten Rades (Hemmrad) gegen einen dieser Ankerarme, z. B. den Eingangsarm. Dadurch wird das „Hemmen‘ erreicht. Die dabei dem Anker vermittelte Kraft wird von diesem über die Gabel dem Gangregler zugeführt. Bei der nächsten Halbschwingung des Pendels wiederholt sich diese Vorgang am Ausgangsarm. Da dabei der Gangregler die Freigabe des Zahns steuert, ist ein gleichmäßiger Ablauf des Räderwerks sichergestellt. Das „Hemmen“ ist also ein recht einfacher Vorgang.
Schwieriger ist der Vorgang der Kraftübertragung. Diese erfolgt dadurch, dass die Radzahnspitze an einer keilförmigen Fläche (Hebefläche) des Ankerarms entlang gleitet und vermöge der Triebkraft des Zahns dem Anker eine Drehkraft (Drehmoment) des Rades erteilt. Diese wird dem Gangregler über die Gabel zugeleitet. Um die dabei entstehenden Verlustkräfte möglichst gering zu halten, müssen die als Keile wirkenden Hebeflächen gut poliert sein, wodurch die Reibung weitgehend verringert wird.
Außerdem soll der Drehpunkt des Ankers auf der Tangente liegen, und zwar aus folgendem Grunde: Die Kraft an der Zahnspitze äußert sich in der Richtung, die rechtwinklig zum Halbmesser des Rades liegt. Sie ist die Tangente. Legt man den Drehpunkt des Ankers auf diese Tangente, dann erfolgt der Zahndruck genau auf die Achsenmitte. Dadurch entsteht für diesen Teil der Hemmung geringste Reibung. Am Ausgangsarm ist der Vorgang derselbe, mit dem Unterschied, dass sich der Zahndruck hier als Zug am Ankerarm äußert.
Folgende Aufgaben hat die Hemmung im Uhrwerk:
- das vorschnelle Ablaufen des Räderwerks zu hemmen,
- die Kraft auf den Gangregler zu übertragen.
Teile der Hemmung sind:
- das Hemmrad (Steigrad, Ankerrad),
- der Anker mit der Ankergabel.
Nach der Konstruktion unterscheidet man:
- die rückführende Hemmung (Spindel-, Haken-, Rollenhemmung),
- die ruhende Hemmung (Graham-Hemmung),
- die freie Hemmung (Riefler-, Strasser- Hemmung).
- Anker und Ankerrad
Man unterscheidet drei verschiedene Arten der Hemmung:
- rückfallende Hemmung,
- ruhende Hemmung,
- freie Hemmung.
Die zuletzt genannte Art erfüllt die Bedingung der freien Schwingung des Schwingsystems am besten. Zu ihr gehört die jetzt überwiegend verwendete „Schweizer Ankerhemmung“ die teilweise unterschiedlich konstruiert ist, aber das gleiche Prinzip aufweist. Sie arbeitet folgendermaßen:
Auf der Achse der Unruh sitzt die Hebescheibe mit dem Hebestift, auch Ellipse genannt, welcher in die Gabel des Ankers eingreift. Der Anker ist um die Achse drehbar, seine Bewegung wird durch die Begrenzungsstifte begrenzt. Er greift mit seinen Armen, die bei guten Uhren mit Steinen belegt sind, in das Ankerrad ein. Dieses wird auch Hemmungsrad genannt, da durch das Eingreifen des Ankers seine Bewegung und damit die des ganzen Räderwerks gehemmt wird.
Kurz vor dem Nulldurchgang der Unruh greift der Hebestift in die Ankergabel ein und nimmt den Anker ein Stück weit mit (Auslösung). Dadurch wird das Ankerrad freigegeben (ausgelöst), welches um einen Zahn weiterrücken kann. Bei dieser Bewegung gibt der entsprechende Zahn des Ankerrades dem Anker einen kurzen Impuls, der seinerseits mit der Gabel wieder die Unruh antreibt (Antrieb). Die Bewegung des Ankers wird durch den Begrenzungsstift beendet, auf den der Anker fällt (Fall). Gleichzeitig sperrt der Anker die weitere Drehung des Ankerrades bis zur nächsten Auslösung beim Zurückschwingen der Unruh.
Die drei Funktionen „Auslösung“, „Antrieb“ und „Fall“, sind charakteristisch für die Schweizer Ankerhemmung. Jedes Tickgeräusch besteht daher aus drei Einzelgeräuschen. Es sei schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Zeitwaage dieser Geräusche dem Fachmann eine Reihe von Hinweisen auf mögliche Störungen im Ablauf des Hemmungsvorgangs gibt. Die Schweizer Ankerhemmung hat sich insbesondere bei den tragbaren Kleinuhren bewährt. Schwingsystem und Hemmung stehen in ihrer Bedeutung für die Uhr an erster Stelle.
Wichtige Hemmungssysteme von tragbaren Uhren
1450-1480 Spindelhemmung mit Folio (oder Löfelunruhe). Das älteste, bei tragbaren Uhren vorkommende Hemmungssystem. Erfinder war vermutlich ein Uhrmacher aus Norditalien, wo die frühesten tragbaren Uhren bezeugt sind. Wie unbekannt diese aber damals noch waren, geht daraus hervor, dass der weitgereiste Cochläus bei einem Besuch Nürnbergs um 1510 Peter Henlein als den Erfinder der tragbaren Uhr rühmt.
Die Funktionsweise ist im wesentlichen die gleiche wie bei der Spindelhemmung bei ortsgebundenen Uhren, nur mit dem Unterschied, dass wegen der viel kleineren Dimensionen die Frequenz höher ist und zur Vermeidung des Ausschwingens und der Möglichkeit einer gewissen Regulierung zwei Schweinsborsten zur Begrenzung der Schwingungsweite angebracht sind.
1675 Spindelhemmung mit Radunruh und Spirale. Während beim Pendel die Gesetze der Schwerkraft den Rückschwung des Pendels bewirken, erfolgt bei der von Christian Huygens erfundenen und von seinem Pariser Uhrmacher Thuret erstmals ausgeführten Spirale der Rückschwung durch die Elastizität der Spiralfeder, die nach einem irgendwie bewirkten Auseinanderziehen oder Zusammenwickeln bestrebt ist, in den Ruhezustand zurückzukehren.
Die Spirale ist an ihrem inneren Ende an der Unruhwelle, am äußeren Ende am Unruhkleben oder an der Werkplatte befestigt. Die mit diesem System bewirkte Genauigkeitssteigerung führte nach wenigen Jahren zur Angabe der Minute auf dem Zifferblatt.
1695 Zylindergang, von Thomas Tompion erfunden, jedoch erst von George Graham um 1715 entscheidend gebrauchsreif gemacht und allgemein in die Uhrmacherei eingeführt. Der Zylindergang ist eine ruhende Hemmung. Beim Eintritt des Zylinderzahnes in den Zylinder erhält dieser den Drehimpuls an der Eingangslippe. Der Zahn ruht sodann auf der Innenwand, während die Unruhe ihren Ergänzungsbogen schwingt.
Beim Rückschwung der der Zahn aus dem Unruhe tritt Zylinder heraus, indem er an der Ausgangslippe dem Zylinder einen Drehimpuls in die entgegengesetzte Richtung vermittelt. Später haben Urban Jürgensen, Kopenhagen um 1810 (Zylinderrad aus Stahl), und Philipp Matthäus Hahn in Fichterdingen zur Durchsetzung und allgemeinen Verbreitung der Zylinderhernmung wichtige Beiträge geleistet. Zwischen 1850 und 1920 war sie die verbreitetste Hemmung.
1724 Duplexhemmung, von Jean Baptis Dutertre in Paris erfunden und von Pierre Le Roy in Paris um 1750 so verbessert, dass sie speziell bei hochwertigen Uhren zwischen 1780 und 1840 besonders in Frankreich, England und der Schweiz weit verbreitet war. Der lange Zahn des Duplexrades ruht dabei auf der Ruhesteinrolle, die auf der Welle der Unruhe aufsitzt. Erst ein kleiner Einschnitt in dieser Rolle erlaubt dem Zahn den Durchgang. Nun aber tritt der kurze, im rechten Winkel auf dem Rad hochstehende Zahn in Aktion und erteilt dem Impulsstein in dem Impulshebel auf der Unruhwelle den Antrieb. Während des Rückschwungs erfolgt bei dieser Hemmung kein Impuls.
1750 Kommagang. Als Erfinder wird teils Jean Antoine Lepine (1720-1814), teils Jean-Andre‘ Lepaute (1720 bis 1788) genannt. jedenfalls ist die Hemmung um 1750 bekannt. Der senkrecht auf der Radebene angeordnete Zahn in Form eines Stiftes – liegt zunächst der Außenseite des gerundeten Impulshebels in Form eines »Kommas« an. Die Unruhe erhält ihren Impuls nur in einer Richtung, und zwar wenn der Stift an der inneren Rundung des »Komma« entlangstreift.
1753 Doppelter Kommagang. Um seine Erfindung gab es einen Prioritätsstreit zwischen P. A. Caron und J. A. Lepaute. Das Rad ist eigenartig geformt. In der Funktion besteht kein Unterschied zum »Kommagang«. Die Hemmung wurde nur sehr selten angewandt.
1757 Ankergang. Der Erfinder dieser heute millionenfach ausgeführten Hemmung in fast allen Armbanduhren war Thomas Mudge. Allerdings haben er und seine Zeitgenossen die Bedeutung dieser Hemmung noch nicht erkannt, da viele Verbesserungen tüchtiger Uhrmacher – wie Josias Emery, George Margetts, Ferguson Cole in England, Abraham Louis Breguet in Paris, Georges Auguste Leschot in Genf und Ferdinand Adolf Lange in Glashütte – der Hemmung erst zu der heutigen Bedeutung verhalfen. Während in England der freie Spitzzahnankergang noch bis 1900 verwendet wurde, hat sich dann der Schweizer Kolbenzahnankergang allgemein durchgesetzt nach dem fernen Osten exportierenden »Chinesischen Uhren« ist mit dieser Hemmung ausgerüstet worden.
1830 Doppelte Duplexgang mit gespaltenen Hemmungszähnen. Damit erreichte der Erfinder, der Schweizer Uhrmacher M. Ch.-E. Jacot, den Eindruck einer springenden Sekunde. Ein bedeutender Teil der nach dem Fernen Osten exportierten -Chinesischen Uhren ist mit dieser Hemmung ausgerüstet worden. 1765 erlebte Chronometergang, der zunächst überwiegend in großen Ausführungen für Seechronometer Verwendung fand, dann aber auch, wie der Ankergang oft in Taschenuhren eingebaut wurde, viele Veränderungen.
Pierre Le Roy baute 1765 den ersten freien Chronometergang für eine Seeuhr. John Arnold griff den Gedanken auf und verbesserte die Hemmung:1773 durch Erfindung einer bimetallischen Unruhe, 1774 durch Erfindung der zylindrischen Spirale und noch durch einige weitere Verbesserungen.