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Unruh

Für tragbare Uhren wendet man die Unruh mit Spiralfeder als Gangregler an. Dieser besteht aus einem Schwungrad, an welchem eine spiralig gewundene dünne Feder befestigt ist, die die Aufgabe hat, das Schwungrad wieder in die Mittellage zurückzuziehen, wenn es in Drehung versetzt wurde. Die Spiralfeder ersetzt also das, was bei den Pendelschwingungen die Anziehungskraft der Erde bewirkt. Die UnruhDurch dieses Zusammenwirken von Unruh und Spiralfeder führt dieses System Schwingungen aus. Da diese Schwinger gute Gangregler sind, werden Unruh und Spiralfeder als Gangregler in tragbaren Uhren mit bestem Erfolg verwandt.

Die Schwingungsverhältnisse sind hier aber nicht so einfach wie bei dem Pendel. Drehen wir das Schwingsystem, Unruh – Spiralfeder aus der Mittellage heraus, so spannen wir damit die Spiralfeder an. Geben wir es nun frei, dann gibt die Spiralfeder ihre Spannkraft an die Unruh ab, die mit zunehmender Beschleunigung (Wucht) zur Mittellage zieht. In dieser Lage angekommen, hat die Spiralfeder alle Spannkraft an die Unruh abgegeben. Beim Weiterschwingen gibt nun die Unruh wieder Kraft an die Spiralfeder ab, indem sie diese spannt.

Ist die an die Spiralfeder abgegebene Kraft ebenso groß geworden wie die Wucht in der Unruh, d. h. sind sie im Gleichgewicht, dann ist der Umkehrpunkt erreicht. Die Unruh schwingt zurück, und der Vorgang wiederholt sich. Wir haben hier also das beste Beispiel einer Energieumwandlung, und da Energien nicht verloren gehen, sondern nur umgewandelt werden, müssten sich, diese Schwingungen ununterbrochen wiederholen. Die Zapfenreibung und der Luftwiderstand jedoch sind an dieser Umwandlung beteiligt und nehmen für sich etwas von dieser Kraft in Anspruch. Diese verlorene Kraft muss nun die Hemmung dem Gangregler wieder zuführen.

Heute findet man in den Uhren fast ausschließlich einfache monometallische Ringunruhen mit zwei oder drei Unruhschenkeln, während man in früheren Jahren bei besseren Uhren Schraubenunruhen verwendete. Die Schwingungsdauer des Systems ergibt sich aus dem Trägheitsmoment der Unruh und dem Richtmoment der Spirale. Beide Faktoren zusammen erlaubten bis etwa 1950 nur die sogenannten Normalschwinger mit 18.000 Halbschwingungen pro Stunde oder 5 Halbschwingungen in einer Sekunde (2,5 Hz), jedoch waren auch nach 1950 gebaute Uhren, wie z. B. das Kaliber J 85, häufig Normalschwinger.

Daneben kamen aber auch zunehmend »Schnellschwinger« in Gebrauch, deren Schlagzahl 19.000, 21.600, 28.800 oder sogar 36.000 Halbschwingungen pro Stunde betrug. Schnellschwinger sind unempfindlicher gegen äußere Störungen, bedingen jedoch bessere Elastizitätsgrößen des Spiralmaterials, höhere Antriebsenergien der Federn und besondere Schmierstoffe, die dieser Frequenz gewachsen sind. Uhrwerke mit 36.000 Halbschwingungen pro Stunde haben sich jedoch nicht allgemein durchsetzen können.

In neu entwickelten Uhren der Zeit nach 1990 schwingt Unruh häufig mit 28.800 oder 21.600. Neben dem Unruhkörper bildet Unruhwelle ein zentrales Element des Systems. An ihr sind Unruhkörper, und Spiralrolle befestigt. Ihre Zapfenform richtet sich im wesentlichen nach der Art des verwendeten Stoßsicherungssystems.

Wie bei den Beziehungen zwischen Unruh und Spiralfeder verhält es sich auch mit den Formen. Die Formen der Unruhen sind einfach, wogegen die Formen der Spiralfedern durch die an sie gestellten besonderen Ansprüche doch recht vielgestaltig sind. Für die Unruh gilt, dass das größte Gewicht außen am Reif liegen muss. Daher wird dieser sehr schwer gemacht und meist mit goldenen Schrauben versehen. Um sein Trägheitsmoment leicht etwas ändern zu können, haben gute Unruhen im Reif 4 oder mehr Regulierschrauben, mit denen man z. B. durch Hineinschrauben das Trägheitsmoment verkleinern und damit die Uhr zum Vorgehen bringen kann.

An Formen kennen wir die geschlossene einmetallische Unruh und die aufgeschnittene zweimetallische Unruh, die ihrer Aufgabe nach auch als Kompensationsunruh bezeichnet wird. Die einmetallische Unruh besteht aus Messing, Nickel, Berylliumbronze oder ähnlichen Legierungen. Die am Reif angebrachten Gewichtsschrauben erleichtern das Zugeben oder Abnehmen von Gewicht, das bei dem Ersetzen der Spiralfeder notwendig werden kann.

Die Kompensationsunruh (Ausgleichsunruh) wurde im Jahre 1782 von John Arnold zuerst angewandt. Sie soll den Fehler, der durch Wärmeänderung entsteht, ausgleichen. Dieser Wärmefehler entsteht nicht nur durch das Grösserwerden der Unruh bei Wärmezunahme, sondern in weit größerem Maße durch das Schlafferwerden der Stahlspiralfeder bei Zunahme der Wärme. Der Körper dieser Unruh besteht aus Stahl. Auf den Reifen ist außen ein Messingreif aufgeschmolzen. Die Breite des Stahlteils beträgt 2/5, die des Messingteils 3/5 der Reifendicke. Der Reif ist in der Nähe der Schenkel an zwei gegenüberliegenden Stellen aufgeschnitten.

Bei Zunahme der Wärme dehnt sich der Messingteil des Reifens mehr als der Stahlteil. Dadurch krümmt sich der freie Teil des Reifens nach innen. Das Trägheitsmoment der Unruh wird dadurch kleiner und gleicht das Nachgehen aus. Damit die Krümmung des Reifens voll wirksam wird, muss der Messingteil breiter sein als der Stahlteil. Durch Versetzen der Schrauben zum freien Ende hin kann man die Wirkung verstärken oder durch Versetzen vom freien Ende weg abschwächen. Die Wirkungsweise wird ausführlicher besprochen im Abschnitt Spiralfeder, weil es sich hier zur Hauptsache um den Ausgleich des Fehlers der, Spiralfeder handelt.

Das Stoßsicherungssystem

Es wurde schon an mehreren Stelle erwähnt dass es vor allem nach dem Auslaufen der diesbezüglichen Patente von Erisman – Schinz und Porte – Echappement zu einer wahren Inflation verschiedenster Konstruktionen und Ausführungen von Stoßsicherungssystemen kam.

Ab den späten 50er Jahren konnte es sich, mit Ausnahme der Fabrikanten einfachster Armbanduhren, kein Hersteller mehr leisten, nicht stoßgesicherte Werke in seine Produkte einzubauen. Das Vorhandensein einer Stoßsicherung wurde zumeist schon auf dem Zifferblatt angekündigt. Vor allem schmeckten sich die Produzenten beim Vorhandensein einer renommierten Stoßsicherung wie Incabloc oder Super Shock Resist mit dem Namensaufdruck des verwendeten Systems auf dem Zifferblatt.

Im Laufe der Jahre verschwand diese Modeerscheinung wieder, da das Vorhandensein einer Stoßsicherung eben selbstverständlich war. Bei einigen verwendeten Stoßsicherungen muss deren Wirksamkeit nach eingehender technischer Betrachtung auf jeden Fall bezweifelt werden. Sie gewährleisten die in sie gesetzten Forderungen nach Schutz vor vertikalen und radialen Stößen und trotzdem einwandfreier Ölhaltung nicht in dem Maße, wie man es von guten Systemen gewohnt ist.Stosswirkung

Welches Stoßsicherungssystem in einer Armbanduhr Verwendung findet, zeigt sich nach dem Öffnen des Rückdeckels und einem Blick auf den Unruhkloben. Beim Vorhandensein einer Stoßsicherung wird der Unruhdeckstein durch eine Feder gehalten. An ihrer Form erkennt man bei etwas Erfahrung oder nach einem Vergleich mit den Abbildungen in einem Werksucher das Fabrikat.

Reparaturen werden an Stoßsicherungen heutzutage kaum mehr ausgeführt. Vielmehr tauscht man im Falle eines Defektes mit wenigen Handgriffen das ganze System aus, was insgesamt eine bessere Gewähr für eine anschließende sichere Funktion bietet.



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